Cuenca versprüht Charme. Überall verzieren geschmackvolle Gebäude im kolonialen Stil die kopfsteingepflasterten Straßen und Gassen. Gleich nach meiner Ankunft bummle ich durch das historische Zentrum um den Plaza Calderon mit der wunderschönen Kathedrale aus dem 19. Jahrhundert, die blaue Kuppeln zieren und mich ein wenig an die in vielen Kathedralen französischer Städte erinnert.
Hier treffe ich einen guten alten Freund, der mir ein exzellenter Stadtführer sein wird. Er führt mich in die Seitengassen der Kathedrale, die eine Reihe hübscher Restaurants und Kaffees verstecken mit grandioser Aussicht auf die Kuppeln der Kathedrale. Wir werden hier am nächsten Tag bei einem leckeren Lunch über alte Zeiten plaudern.
In der Nähe befindet sich die alte Kathedrale aus dem 16. Jahrhundert, die heute als Religionsmuseum dient.
Beim Bummeln durch die vornehmen Straßen treffen wir bald auf den Blumenmarkt vor der Kirche Santuario Mariano, auf einen eindrucksvollen Frischmarkt mit großem Streetfood-Korridor, an dessen Ständen das traditionelle Essen für wenig Geld frisch zubereitet wird, schließlich auf eine Galerie feinster traditioneller
Handarbeit.
Alles, was das Herz begehrt.
Um und durch Cuenca herum fließen vier Flüsse. Ich spaziere gern entlang der Uferpromenaden und entdecke eine sattgrüne Natur, die da und dort dem Dschungel ähnelt und trotz des nahen Stadtgetummels spüre ich leise einkehrende Ruhe. Auf der anderen Seite steht ein riesiges Bienvenidos über dem Gelände der Universidad de Cuenca. Viele Brücken überqueren den Tomabamba, eine davon war so alt, dass sie einst einstürzte und nicht vollständig rekonstruiert wurde. Wer will, kann sich Einbuchen in ein schönes Hotel oder in ein Café einkehren mit einem genießerischen Blick auf den im Moment sehr friedlich daher plätschernden Fluss. Er führt sehr wenig Wasser mit sich, was sich mit der nahenden Regenzeit gewaltig ändern und der Tomabamba weit über die Ufer treten wird. Schließlich erreichen wir die Stelle, an der der Tomaboamba in den Yanuncay fließt. Man könnte den Spaziergang unendlich lang fortsetzen und sich irgendwo auf ein kleines Picknick niederlassen.
Cuenca lädt jeden Tag ein, etwas Neues zu entdecken. Auf unserem heutigen Spaziergang bestaune ich die zahlreichen Kirchen (- es sollen 16 sein, was mein guía eher bezweifelt -), die unterschiedlicher nicht sein können und alle von einer sehr intensiven kolonialen Vergangenheit erzählen. Ich habe mir gar nicht erst die Mühe gemacht, ihre Namen alle zu behalten und es auch irgendwann aufgegeben, wirklich alle auf ein Foto haben zu wollen. Die vielleicht schönsten Kirchen sind die von San Blas am gleichnamigen Platz gelegen oder die San Francisco unweit der Kathedrale. Aber entscheidet selbst!
Auf den Wegen dorthin sind die Straßen gesäumt von mit Balkonen geschmückten Häusern in sagenhafter kolonialer Architektur und sogar noch zu haben. Die Innenstadt gehört zu recht zum Weltkulturerbe der UNESCO.
Cuenca ist eine sehr extravagante Stadt. Hier leben etwa 6000 Amerikaner. Der größte Teil von ihnen lebt hier im verdienten Ruhestand, weil es ihnen hier an nichts fehlt und sie sogar noch ein wenig mehr hier haben: einladenden (und keinen trumpschen) Charme.
In keiner anderen Stadt Ecuadors verbirgt sich eine solch vielfältige Kunst- und Kulturszene wie hier in dieser vor Lebensfreude sprudelnden kolonialen Stadt. Auf dem Weg über die Calle Larga zum wohl wichtigsten Museum Cuencas, des Museo etnográfico "Pumapungo" schaue ich gerne rein in eine Reihe von Kunstgalerien mit hervorragender zeitgenössischer Kunst lokaler Künstler. Die Wandmalereien an einigen Häusern und viele originelle Cafés ergänzen das künstlerische Flair dieses bunten Viertels.
Wandmalereien in der Calle Larga
Kunstwerke in Kunstgalerien, die man eintrittsfrei besuchen kann.
Das Museo "Pumapungo" besitzt eine einzigartige ethnografische Ausstellung zu den verschiedensten indigenen Gruppen Ecuadors von der präkolumbischen Zeit bis zur Gegenwart. Leider ist es nicht gestattet hier zu fotografieren. Der Eintritt ist frei.
Im Außengelände besichtigt man die Ruinen der alten Inkastadt Tomabamba, die der deutsche Forscher Max Uhle vor einhundert Jahren entdeckte und beschrieb. Im botanischen Garten dieser Anlage wachsen unter natürlichen Bedingungen viele Pflanzen, die die idigenen Völker noch heute in ihrem alltäglichen Leben verwenden, sei es für medizinische Zwecke, beim Wäsche waschen oder eben auch bei zeremoniellen Baderitualen. In dem kleinen Wäldchen daneben weiden friedlich Lamas.
Ecuador teilt sich in vier verschiede Landesteile, dem Norden, der Küste, dem Regenwald und in das Amazonasgebiet, in denen jeweils eine unterschiedliche Anzahl ethnischer Gruppen beheimatet ist, die bis heute ihre Sprachen und Dialekte, ihre Rituale, ihre Musik und Tänze, ihre Sitten und Bräuche, ihre Art der Kleidung pflegen und leben. Alles, was ich bisher während meiner Reise auf der Vulkanstraße Richtung Süden über die indigenen Menschen gelernt, gesehen und erfahren habe, findet in diesem Museum eine anschauliche, geordnete und würdevolle Widmung. Jedes dieser Völker lebt auf so einträchtiger Weise in vollkommener Harmonie und tiefen Respekt mit und für die Natur, dass ich mich frage, warum das in unserer westlichen Welt verloren gegangen und so schwer wieder zu erkämpfen ist.
Das Volk der Shuar sagt über alle Lebewesen der Erde und der Natur:
"Hube un tiempo en que todos los vivientes eran humanos pero por su compartimento bueno o malo Arútam los convirtió en diferentes animales y plantas por eso los consideramos hermanos."
" Es gab mal eine Zeit, da waren alle Lebewesen menschlich, aber wegen ihres guten oder schlechten Verhaltens hat Arúntam einige in Tiere und Pflanzen verwandelt, deshalb achten wir sie als Brüder." (Arúntam, Schöpfer und Herrscher über Leben und Tod)
Vielleicht war es ja nicht ganz so, aber Pflanzen und Tiere als gleichwertig zu achten, ist doch ein nachahmenswerter Gedanke.
Thank you so much to my smart mentor of travel for guiding me through his Cuenca, off the touristy beaten path.
You are still the best friend of my heart.
So long!
Loja - Vilcabamba
Immer öfter ziehen dunkle Regenwolken auf, die die nahende Regenzeit ankündigen.
So beschließe ich nun, nach Loja, fünf Stunden südlicher weiterzuziehen, um einen Bus über die Grenze hin zur Küste Perús zu nehmen.
Die Hauptstadt der gleichnamigen Provinz bemüht sich besonders im alten Zentrum der Stadt den kolonialen Stil liebevoll zu pflegen. Bei angenehmen Temperaturen lässt es sich gut auf einer Bank am hübschen Platz Bolivar aushalten, um die quirlige Geschäftigkeit der Menschen zu beobachten oder gemächlich durch die Gassen zu streifen und schön restaurierte Gebäude, wie die vom durchlaufenden Verkehr gestörte Puerta de la Ciudad auf sich wirken zu lassen.
Hätte ich die Wahl eines ruhigen und beschaulichen Aufenthaltes, würde sie eher zugunsten des winzigen Städtchens Vilcabamba etwa eine Stunde von Loja entfernt ausfallen. Die Fahrt dorthin ist schon eine Reise wert, die durch den Parque Nacional Podocarpus mit umwerfenden Aussichten auf die Andenberge führt.
Vilcacamba zählt knapp 4000 Einwohner und hat sich durch eine Schummelgeschichte einen Namen gemacht. Die Bewohner scheinen hier sehr alt zu werden, weshalb man es auch das "Tal der Hunderjährigen"nennt. Vermutet und erzählt wird, dass vielleicht das immer frühlingshafte Klima, das mineralhaltige Wasser aus den Bergen oder eine gute Ernährung die "Eterna Juventud", die ewige Jugend, begünstigen. Wissenschaftliche Studien hegen da so ihre begründeten Zweifel, da ältere Dorfbewohner gern mal bei der Angabe ihres Alters geflunkert haben sollen.
Für die touristische Vermarktung spricht man trotzdem gern vom "Ort der Langlebigkeit". Ich treffe einige amerikanische und deutsche Ruheständler hier, die dieses Dörflein für ihren Altersherbst ausgewählt haben. Aber auch esoterische Anhänger und Naturalisten haben sich hier in ihren bunten Häuschen eingenistet. In den Seitengassen findet man Gebäude, die mit ihrem morbiden Charme und blütentragenden Gemäuern diesem Ort eine beinahe künstlerische Atmosphäre verleihen.
Um den kleinen zentralen Platz im Ortskern perlen sich auf eine hübsche Kirche, schmucke Hostals, auf deren Dachterrassen man tolle Aussichten auf die nahen Berge genießt, kleine Cafés und Restaurants mit wirklich hervorragenden frisch gepressten Fruchtsäften und reichhaltiger Naturkost, wie in der Juice Factory.
Die Leute, meist amerikanische Ruheständler, sprechen mich sofort an und geben mir das Gefühl in eine kleine Familie aufgenommen zu werden.
Den Ortsrand säumt der kleine Fluss Chamba und dahinter gelangt man bergaufwärts vorbei an einem Spa-Ressort zu den Naturpfaden. Ich wäre ihnen gerne noch weiter gefolgt.
An einem Wegweiser steht : "Toma 7 días quedarse a vivir por siempre."
(Nimm dir 7 Tage, um zu bleiben und du wirst für immer hier leben.)
Ich könnte es mir gut vorstellen.
Meine Reise in Ecuador neigt sich dem Ende zu. Die Bucket List für dieses wunderbare Land ist erledigt, die Neugier bleibt allerdings. Das Land ist angenehm zu bereisen wegen seiner anfangs stillen, aber überaus liebenswerten und hilfsbereiten Menschen, deren Herzen leicht zu öffnen sind und wegen der so einzigartigen und zauberhaften Bilderbuchlandschaften, die mich in sprachloses Bestaunen versetzen. Ecuador bietet so viele indigene Traditionen, die gern noch gelebt werden, koloniale Geschichte, die mich bedrückt und auch nachdenklich macht, die mich faszinierende Sprache, das Kichwa, deren Geheimnisse ich gern mehr entschlüsselt hätte, Vulkane, die es zu erobern gilt mit tiefen, befreienden Atemzügen, aber auch heilende Thermalquellen für die Seele, die mich zur Ruhe kommen und mich die Zeit ein wenig vergessen lassen.
.
Du scheinst ja einige Auswanderer zu treffen, dir eine Heimat in Südamerika gefunden haben! 🌎